Im Gertraudenstift Demmin findet nun jeden Dienstagvormittag ein „Haushaltstag“ statt. Hierbei handelt es sich um ein Betreuungsangebot zu ganz alltäglichen Dingen, das aber gerade deshalb etwas Besonderes ist.
In dieser Woche wurde das Schuheputzen thematisiert.
Betreuungskraft Katrin Korthals hat dafür extra Materialien mitgebracht und diese bereits auf einem Tisch bereitgelegt. Die interessierten Bewohner:innen werden zu dem Vormittagsangebot begleitet und setzen sich. Frau Korthals eröffnet die Runde und nähert sich dem Thema. Neugierig schauen einige ältere Damen, nehmen auch einige der Gegenstände in die Hand. Eine Seniorin beginnt zu erzählen, mit welchen Materialien sie früher die Schuhe geputzt hat. Eine andere nimmt sich die Schuhcreme, riecht daran und sagt: „Riecht noch genau wie früher…“ Es werden Erinnerungen wach, die Teilnehmenden kommen ins Reden. Immer wieder werden sie durch Frau Korthals dazu ermuntert, die Gegenstände in die eigenen Hände zu nehmen, sie abzutasten und zu erzählen, was ihnen dabei in den Sinn kommt. Allen fällt dazu die ein oder andere Anekdote ein und es wird darüber gesprochen, wie oft in der Kindheit die Schuhe geputzt wurden und wer dafür verantwortlich war. Denn oft, so erfahren wir, war das immer ein und dieselbe Person in der Familie. Und natürlich verstand man damals unter einem Schuh nicht zwangsläufig dasselbe wie heute. Oft wurden Holzpantinen getragen, für welche das Holz zum Teil selbst geschnitzt wurde. Dann wurde ein Lederriemen, den man beispielsweise aus alten Schultaschen anfertigte, darüber befestigt. Die Schuhe waren weniger bequem aber sie wurden getragen, bis sie durchgelaufen waren. „Durchgelaufen“ bedeutet in diesem Fall, dass die Holzschuhe an der Sohle schmaler wurden.
Einige der Senior:innen berichten auch, dass sie barfuß laufen mussten, wenn das Geld für neue Schuhe nicht reichte oder es schlichtweg kein Material gab. Oft mussten auch Schuhe getragen werden, die zu klein waren. Das Leder wurde mit Lederfett imprägniert, sodass sie möglichst lange halten. Man erhält einen Eindruck davon, wie sparsam und wertschätzend zur damaligen Zeit mit solchen Dingen umgegangen wurde, wenn man sie überhaupt hatte. Heute kann man sich diese Not kaum vorstellen.
Und wieder einmal zeigt sich, wie gewinnbringend und lehrreich der Austausch zwischen den Generationen doch ist und wie glücklich wir uns schätzen können, wenn wir so etwas scheinbar Banales, wie Schuhe, besitzen.